Greensill-Akteneinsichtsausschuss entlastet Gemeindeverwaltung

Kein schuldhaftes Verhalten bei Vermögensanlage

Ausschuss entlastet Gemeindeverwaltung bei Öffentlicher Sitzung am 30.09.2021

Für Donnerstag, 30. September 2021 hatte die Gemeinde zur öffentlichen Sitzung des Akteneinsichtsausschusses eingeladen, um die Ergebnisse seiner Untersuchungen bekanntzugeben.

Der Ausschuss wurde von der Gemeindevertretung per Beschluss am 1. Juli 2021 einberufen. Er sollte die Hintergründe zweier Geldanlagen im Jahr 2020 bei der Greensill-Bank klären, die Anfang des Jahres in Insolvenz ging.

Der Ausschuss-Vorsitzende Jörg Dreismann (SPD) konnte im Elgerhaus unter den Anwesenden 13 interessierte Bürger begrüßen.

Bei der Eröffnung der Sitzung wies er darauf hin, dass ein Akteneinsichtsausschuss laut der hessischen Gemeindeordnung (HGO) eines der schärfsten Mittel zur Kontrolle der Gemeindevertretungen und Gemeindevorstände in unserem Bundesland ist.

Die Arbeit

In der konstituierenden Sitzung diskutierten die neun Mitglieder des Ausschusses die Vorgehensweise bei der Bearbeitung ihres Auftrages. Zwei Wochen war dann Zeit, im Rathaus Einsicht in die Akten zu nehmen.

Danach wurden die Fragen gestellt, die sich aus der Akteneinsicht ergeben hatten, unter anderem: Hat es Verstöße gegen die Anlage-Richtlinie der Gemeinde gegeben? Warum wurden die Aufträge für die Geldanlagen an diesen Anbieter vergeben?

Diese und weitere Fragen wurden in einer dritten Sitzung des Ausschusses durch die Gemeindeverwaltung sowie Mitglieder des vormaligen Gemeindevorstandes beantwortet. Fragen, die sich darüber hinaus ergaben, wurden von der Verwaltung schriftlich beantwortet.

Die Ergebnisse

Durch den Ausschuss wurde nach Aktenlage kein schuldhaftes Verhalten der Verwaltungsmitarbeiter festgestellt. Die Anlagerichtlinien, Vorgaben und Dienstanweisungen wurden von allen Beteiligten eingehalten.

Aus der Sicht des Ausschusses waren die getätigten Anlagen eine logische Folge der bis dahin bekannten und bewährten Abläufe. Sowohl mit der Greensill-Bank als auch mit dem Vermittler war bereits mehrfach gearbeitet worden und ein derart rapider Niedergang von Greensill zu dem Zeitpunkt nicht abzusehen.

Eine Feststellung

Relativ schnell stellte sich bei der Überprüfung jedoch das Problem der Abhängigkeit der Kommunen von den Banken heraus: Das Land Hessen drängt seine Kommunen mit einer gesetzlichen Vorgabe, Negativzinsen zu vermeiden. Dies allerdings ohne Unterstützung bei der Umsetzung - also Hilfe bei der Frage, wohin mit dem Geld, wenn dieses kurzfristig bei einer Hausbank frei wird. Gleichzeitig werden Anlagemöglichkeiten bei sicheren Banken immer mehr zurückgefahren – bis hin zu Negativzinsen.  Fazit: Land und Bund müssten für die Kommunen in die Verantwortung.

Empfehlungen

Seit der Greensill-Pleite sind die Anlagerichtlinien der Gemeinde ausgesetzt. Bei deren Überarbeitung oder Neufassung darf künftig nicht mehr auf eine unabhängige fachkundige Beratung verzichtet werden, ggfls. muss auch externe Hilfe in Anspruch genommen werden.

Ebenfalls sollte auf die Dokumentation von Geldanlagen mehr Aufwand verwendet werden, denn die vorliegende sei nicht sehr umfangreich.  

Die Rolle des Finanzberaters

Obwohl niemand Rederecht bei der Sitzung hatte, der nicht Mitglied des Ausschusses ist, wurde Brigitte Wettengel (CDU) als Mitglied des Gemeindevorstandes nach Abstimmung der Ausschussmitglieder Gelegenheit gegeben, ihre Fragen nach Rolle des Finanzberaters bei Anlagevorgängen zu stellen. 

Jörg Dreismann teilte mit, dass dazu derzeit keine Aussage möglich sei, weil es hier ein schwebendes Verfahren gebe. Zudem sei dies nicht Aufgabe des Ausschusses gewesen.

Allerdings sei auch ein Ergebnis der Untersuchungen: „Es gibt keine sichere Anlage am Kapitalmarkt, denn man sieht - auch Fachleute können auf die Nase fallen.“

Meinung der Fraktionen

Die Fraktionsvorsitzenden lobten die kritische, parteiübergreifende und kollegiale Zusammenarbeit der Ausschussmitglieder im Sinne der Sache. Der Ausschuss habe die richtigen Fragen gestellt.

Die Forderung an die Politik müsse sein, Kommunen zu ermöglichen, Geld z.B. bei den Landeszentralbanken anzulegen, damit es einigermaßen sicher ist.

Die oft gestellte Frage, warum die Gemeinde nicht Geld bei regionalen Banken anlegte, wurde bei dieser Gelegenheit mit dem Beispiel der VW-Bank beantwortet, die in der jüngeren Vergangenheit kurzfristig die Konditionen änderte, so dass Negativzinsen entstanden, wenn die Anlagen nicht schnell aufgelöst würden. Nicht anders sei es bei den Sparkassen, Raiffeisenbanken etc.

Ebenso wurde auf die Rolle der außerhalb der Gemeinde Beteiligten hingewiesen -  Vermittler, Ratingagenturen und eine Bankenaufsicht, die nicht tätig werden darf, wenn sie Fehlentwicklungen beobachtet: „Was soll eine Bankenaufsicht, wenn sie nicht handeln darf?“

Schlussbericht ergänzt

Für die Gemeindevertretung wurde ein Schlussbericht erstellt. Die Ausschussmitglieder einigten sich noch darauf, diesen mit der Liste der untersuchten Fragen zu ergänzen. Der endgültige Abschlussbericht wird im Rahmen der nächsten Sitzung der Gemeindevertretung vorgestellt. 

Nach der Abstimmung (acht Ja-Stimmen, eine Enthaltung), dankte Jörg Dreismann allen Beteiligten noch einmal für die sehr gute Zusammenarbeit, den intensiven ernsthaften Austausch, die viele, für die Gemeinde investierte Zeit und das Ergebnis dieser konstruktiven Zusammenarbeit.

Transparenz für Bürger

Abschließend dankte Bürgermeister Michael Plätzer den Mitgliedern des Akteneinsichtsausschusses für ihre fachkundige, überparteiliche, konstruktive und intensive Arbeit für die Aufklärung der Bürger, denn diese haben ein Recht auf Information. Ebenfalls dankte er für die Empfehlungen, die sehr wichtig seien und auch umgesetzt werden müssen, denn: „So etwas darf uns nie wieder passieren.“